sandrapretzer.com https://www.sandrapretzer.com/blog/ Sun, 28 Apr 2024 06:01:16 +0000 de-DE hourly 1 7 Tipps für produktive Meetings #unsuckmymeeting https://www.sandrapretzer.com/blog/meetings-produktiv-gestalten/ https://www.sandrapretzer.com/blog/meetings-produktiv-gestalten/#comments Thu, 17 Feb 2022 14:48:00 +0000 https://www.sandrapretzer.com/blog/meetings-produktiv-gestalten/ Weiterlesen

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Die meisten Menschen in Arbeitskontexten, in denen Meetings regelmäßig stattfinden, verdrehen genervt die Augen, wenn um eben diese geht. Die generelle Meinung ist: Meetings (oder "Austausch") sind wahlweise langweilig, überflüssig, nur eine Bühne für die Großmäuler oder all of the above. Kein Wunder, dass viele Leute auf Meetings allergisch reagieren. 

Hypothese: Meetings gibt es. Das bedeutet, sie müssen ja einmal für irgendwas gut gewesen sein. Die Frage ist, für was sind sie denn immer noch gut? Und wie müssen sie strukturiert sein, dass sie tatsächlich wertvoll sind? In diesem Beitrag gebe ich dir 7 Tipps an die Hand, wie produktive Meetings gelingen können. 

Vor dem Termin: Welche Voraussetzungen gelten für produktive Meetings?

Wie so oft gilt auch hier: Vergiss nicht die Vorbereitung. Ob ein Meeting produktiv wird oder nicht, hängt bereits stark von der Vorarbeit ab!

Meeting oder Email...oder Workshop?

Starten wir mit der guten alten Frage nach dem "Wozu"? Und zwar nicht nur nach dem "Wozu" des Meetings, das dann im Betreff der Termineinladung steht, sondern noch einen Schritt vorher. Meetings starten generell mit dem Impuls, mehrere Personen in einem (virtuellen) Raum zusammenzubringen, um irgend etwas zu besprechen. Keiner will aus einem Meeting rausgehen mit dem Gedanken: "Das hätte auch eine Email sein können...!". Um das zu vermeiden, helfen die folgenden Fragen: Woher kommt dieser Impuls? Worum geht es konkret? Soll etwas angekündigt werden? Soll ein Erfahrungsaustausch stattfinden? Sollen Ideen für ein Problem gesammelt werden? Geht es um eine Entscheidung, die getroffen werden muss? 

Tipp #1: Soll in dem Meeting eine Entscheidung getroffen werden, mache daraus einen Workshop!

Je mehr aktive Beteiligung ich von den Teilnehmenden brauche, desto mehr lohnt es sich, hierfür ein Treffen anzusetzen. Wenn es noch einen Schritt weiter auf der Kollaborationsskala geht, nämlich, z.B. gemeinsam Ideen zu entwickeln oder Herausforderungen zu reflektieren, um anschließend weitere Schritte abzustimmen, solltest du das Meeting in einen Workshop umwandeln. 

Die richtigen Leute einladen

Klingt banal, ist aber oft mit allerlei Glaubenssätzen behaftet: 

"Bei dem Thema müssen alle aus beiden Abteilungen eingeladen werden."

"Ich lade auch immer unsere Abteilungsleiterin und deren Chef und dessen Chefin zu den Meetings ein. Die Kommunikationswege müssen eingehalten werden."

"Noah und Anja haben eigentlich nichts mit dem Thema zu tun, aber ich lade sie trotzdem zu dem Meeting ein. Nicht, dass sie sich ausgeschlossen fühlen."

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Das resultiert nicht selten darin, dass ein riesen Meeting stattfindet, zu dem es eigentlich nur eine handvoll Leute gebraucht hätte. Der Rest langweilt sich, schreibt während des Termins Emails (besonders gut in remote Meetings oder Workshops möglich) oder kommt zu spät / telefoniert nebenher / kommt gar nicht. 

Steht das Ziel des Treffens einmal fest, solltest du es auch ganz klar in der Einladung zu dem jeweiligen Meeting oder Workshop benennen. Was können die Teilnehmenden erwarten und was wird von ihnen erwartet? Im besten Fall schickst du schon einmal eine grobe Agenda mit.

Tipp #2: Lade gezielt die Personen ein, deren Input und Entscheidung du in dem Termin wirklich brauchst.

Ein Workshop oder Meeting kann nur dann produktiv und erfolgreich werden, wenn die richtigen Leute zusammenkommen. Mal angenommen, es soll einen Workshop geben, in dem ihr für ein bekanntes Problem Ideen sammeln und ein Experiment zur Lösung definieren wollt. Bevor du die Einladung an team@yourcompanyname.biz schickst, überleg dir genau, wessen Input du hier wirklich brauchst. Und lade dann genau diese Personen gezielt zu dem Termin ein.

Eine:n Moderator:in einladen

Egal ob Meeting oder Workshop: 

Tipp #3: Lass jemanden den Termin moderieren.

Diese Person sollte nicht gleichzeitig als Inputgeber:in teilnehmen, sondern im besten Fall weitestgehend neutral moderieren können. So stellst du sicher, dass die Moderatorin sich um die Struktur kümmert und die Teilnehmenden gut durchführt, so dass diese sich voll und ganz auf den Inhalt konzentrieren können. 

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Es lohnt sich, mehrere Personen im eigenen Unternehmen zu haben, die Workshops oder Meetings effektiv moderieren können. So kannst du z.B. in deiner Organisation anbieten, Termine für andere Teams moderieren, während ein Kollege oder eine Kollegin aus einer anderen Abteilung Workshops für dein Team moderiert. 

Während des Termins: Was macht einen produktiven Workshop aus?

Wenn du dich einmal an ein produktives Meeting oder einen tollen Workshop zurückerinnerst: Was hat den Termin so effektiv gemacht? Da lassen sich gewisse Grundstrukturen erkennen, die essenziell für ein produktives Meeting sind. Auf diese Leitplanken sollten vor allem die Moderator:innen achten, die durch den Termin führen.

Visualisierte Diskussionen in Sequenzen

Ein Symptom ineffektiver Meetings sind sich im Kreis drehende Diskussionen. Bevorzugt von nur wenigen Teilnehmenden des Meetings getrieben, während der Rest sich irgendwie durch den Termin schleppt (oder Solitaire spielt). Wenn am Ende etwas Gemeinsames erarbeitet oder eine Entscheidung getroffen werden soll, ist das nicht besonders zielführend.

 Der/Die Moderator:in bzw. Facilitator sorgt dafür, die Gesprächsführung so zu gestalten, dass alle Teilnehmenden gleichermaßen zu Wort kommen

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Oftmals machen Leute sich lustig über die Verwendung von Sticky Notes bzw. Post-Its in Workshops. "Die mit ihren bunten Zetteln...was soll das denn?!". Effektive Workshops zeichnen sich neben sequenziellen Diskussionen dadurch aus, dass wir das Gesprochene visualisieren. Egal ob mit Post-Its oder auf einem (virtuellen) Whiteboard. 

Tipp #4: Visualisiert eure Diskussionen in einem standardisierten Format!

Das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Unser Gehirn ist nicht dafür ausgelegt, sich eine größere Anzahl an Informationen zu merken. Laut einer Studie von George Miller können wir uns im Durchschnitt ca. 7 Dinge (+/- 2) merken. Und auch in diesem Blogpost gibt es 7 Tipps! Zufall?! Ich glaube nicht 😎

Dann greifen auch noch diverse Biases (= Hang oder Neigung zu etwas), wie z.B. der Recency Bias oder der Primary Bias, die besagen, dass wir uns vor allem erst- und letztgenannte Informationen merken können. Der Rest dazwischen verschwimmt oder gerät in Vergessenheit. Und am Ende sollen die Teilnehmenden eine Entscheidung auf Basis ihres Gedächtnisses treffen. Keine gute Idee.

Timeboxing

Um in einem Workshop letzten Endes zu einer Entscheidung zu gelangen oder sich auf nächste Schritte zu einigen, ist es nötig, einer gewissen Struktur zu folgen

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Ohne die oben erwähnte sequenzielle Gesprächsführung und Visualisierung würde die Diskussion höchstwahrscheinlich zwischen den verschiedenen Ebenen springen, z.B. während sich die Beteiligten über die eigentliche Problemstellung unterhalten, werden schon erste Lösungsideen in den Raum geworfen oder anders herum. 

Tipp #5: Setze für jeden Arbeitsschritt im Workshop eine Timebox!

Um das zu verhindern, strukturiert die Moderatorin den Workshop entsprechend und setzt für jeden Schritt eine Timebox. Ist ein Schritt beendet, z.B. Eingrenzung eines Problems, geht es zur Lösungsfindung über. So stellt sie sicher, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit das Ziel des Termins erreicht werden kann. Gleichzeitig üben die Workshop-Teilnehmenden, ihre Gedanken präzise zu formulieren und sich auf das Wichtigste zu fokussieren

Parkplatz für weitere Themen

Zurück zum Thema Gesprächsführung: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Teilnehmenden in einer Diskussion vom Thema abkommen. Sie bringen andere Themen auf den Tisch, die oftmals durchaus wichtig sind, aber für die Zielsetzung des aktuellen Termins nicht passen. 

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Ein charmanter Kniff von Moderator:innen ist es dann, diejenige(n) Person(en) wertschätzend darauf hinzuweisen und sie zu bitten, ihr Thema auf ein Post-It zu schreiben und auf den Themenparkplatz zu hängen. Das kann ein Bereich auf einem (virtuellen) Whiteboard oder ein Poster an der Wand sein. 

Tipp #6: Parkt Themen, die nicht zur Zielsetzung des Workshops passen, auf einem Parkplatz!

So können diejenigen Personen, die das Thema auf den Tisch gebracht haben, sich für den Moment davon lösen und sich auf den Inhalt des Workshops konzentrieren. Am Ende sollte der Moderator / die Moderatorin ein paar Minuten Zeit dafür einplanen, auf die Themen im Parkplatz einzugehen. 

Mit einer Entscheidung enden

Mega nervig: Ihr habt ewig rumdiskutiert und am Ende des Meetings seid ihr zu keiner Einigung gekommen. Es wird ein Follow-up Meeting angesetzt. 😩 Das fühlt sich nicht nur blöd an, sondern trägt weiterhin dazu bei, dass Meetings in Verruf geraten. Die vorangegangenen Tipps sind so ausgelegt, dass eine Struktur entsteht, in der ihr innerhalb kurzer Zeit zu einer Entscheidung kommen könnt. 

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Wichtig ist dabei noch, die Entscheidung "handelbar" zu machen, also nächste Schritte zu definieren und wer für sie zuständig ist. 

Tipp #7: Beende den Workshop mit einer Entscheidung und nächsten Schritten!

Deshalb ist es so essenziell, die richtigen Leute in den Workshop einzuladen. Zumindest eine Person muss die Entscheidung auch in diesem Termin treffen können. 

Es muss übrigens nicht die perfekte, für alle Zeiten gültige Entscheidung sein. Wenn es z.B. darum geht, Lösungen für ein Problem zu finden, ist es wichtig, im Anschluss an den Workshop eine Lösungsidee ausprobieren zu können, damit etwas vorwärts geht. Stellt sich während der Ausprobierphase heraus, dass die Idee nicht zur Lösung des Problems geführt hat, wird eine andere Idee verprobt. 

Fazit

Stundenlange, unstrukturierte Meetings müssen echt nicht sein. Das führt auf kurz oder lang nicht nur zur Demotivation aller Beteiligten, sondern hält sie im Übrigen auch von ihrer Arbeit ab. Während ich in Meetings sitze, findet keinerlei Wertschöpfung statt. Probiere die oben genannten Tipps einmal aus und schaue, was das mit euren Meetings macht. 

Im Übrigen darfst du bzw. dürft ihr eure aktuellen Regelmeetings auch einmal reflektieren und ein Gedankenexperiment wagen: Was würde passieren, wenn wir diese Meetings von heute auf morgen weglassen würden? Es geht dabei nicht darum, in blindem Aktionismus alle Meetings zu canceln. Einige von diesen Meetings bzw. Teile davon sind bestimmt immer noch sinnvoll. Mit den oben genannten Tipps kannst du diejenigen, die noch Sinn haben, so strukturieren, dass sie auch Wert bekommen.

Wie sehen Meetings aktuell in deiner Arbeitswelt aus? Kennst du noch mehr Tipps? Schreib mir gerne deine Erfahrungen!


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Was machen OKR Master eigentlich? Eine Annäherung. #okrmasterlife https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-rolle/ https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-rolle/#comments Fri, 04 Feb 2022 15:04:00 +0000 https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-rolle/ Weiterlesen

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Steile These: Du bist hier gelandet, weil du gefragt wurdest, ob du die OKR Master Rolle in deiner Organisation übernehmen möchtest und du noch kein genaues Bild von der Rolle hast. Oder du wurdest von deiner Führungskraft zum/zur OKR Master ernannt und jetzt willst du erstmal schauen, was es damit überhaupt auf sich hat. Vielleicht arbeitest du bereits als OKR Master und willst prüfen, ob du auch alles auf dem Schirm hast. Oder du hast noch gar nicht viel mit OKR (Objectives & Key Results) am Hut und bist einfach nur neugierig. In diesem Artikel geht es jedenfalls genau darum: Welche Aufgaben habe ich eigentlich als OKR Master? Und kann ich das einfach so nebenbei machen? Wer sollte denn eigentlich die Rolle übernehmen?

Heißt es jetzt eigentlich OKR Master? Oder OKR Champion? Oder OKR Coach? What?!

Ok, die Sache ist die: OKR ist ein agiles Rahmenwerk. Ein weiteres agiles Rahmenwerk ist Scrum. Für Scrum gibt es eine Art Handbuch, den Scrum Guide. Für OKR gibt es keinen allgemeingültigen Guide. Das bedeutet, es gibt nicht nur diverse Haltungen und Herangehensweisen bzgl. OKR, es gibt auch unterschiedliche Bezeichnungen für diese Rolle. Diese Bezeichnungen, wie z.B. OKR Master, OKR Expert, OKR Champion, OKR Coach, OKR Practitioner etc. werden vor allem durch Organisationsberatungen geprägt. OKR Wizard oder The Chuck Norris of OKR wären noch zu haben.

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Ich persönlich referenziere auf die Rolle immer mit dem Begriff OKR Master, da sie inhaltlich ähnlich zur Scrum Master Rolle entwickelt wurde. Wenn ich mir die steigende Zahl an Stellenanzeigen für diese Rolle ansehe, scheint sich diese Bezeichnung auch weitestgehend durchgesetzt zu haben.

Im initialen OKR Rahmenwerk von Andy Grove gab es diese Rolle noch nicht - da musste es bekanntermaßen schnell gehen - ebenso wenig wie eine OKR Retro oder Moal (Midterm Goal). Wenn euch die Historie dahinter interessiert, schau gerne einmal hier oder hier vorbei.

Wie viele OKR schafft Chuck Norris? - Alle.

Im Endeffekt ist es recht egal, wie diese Rolle in deiner Organisation heißt, es kommt vielmehr auf die Grundsätze, Werte und Haltung dahinter an. 

Und was soll das jetzt bitte wieder heißen, fragst du dich? Zu Recht. Schauen wir mal, ob wir das auflösen können.

Wer eignet sich für die OKR Master Rolle?

Ganz einfach gesagt: Alle, die wollen. Freiwilligkeit ist hier enorm wichtig. 

Es gibt aber ein paar Voraussetzungen, die hilfreich sind:

  • Als OKR Master arbeite ich mit Menschen, da ist ein gewisses Maß an Empathie von Vorteil.
  • Deshalb muss ich auch in der Lage sein, meine Position und Prinzipien zu vertreten (egal, mit wem ich spreche).
  • Erfahrungen mit Moderation, Agilität allgemein, Organisationsentwicklung oder Coaching sind von Vorteil, jedoch kein absolutes Muss.
  • Offenheit für das eigene Wachstum (Growth Mindset)
  • Mut, Dinge auszuprobieren und aus Scheitern zu lernen (Fähigkeit zur Selbtreflexion)
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Wenn du eine disziplinarische Führungskraft bist, übernehme bitte nicht die OKR Master Rolle, da es hier zu Rollenkonflikten kommt. 

Wenn du es vermeiden kannst, begleite als OKR Master andere Teams und nicht dein eigenes. Wenn es nicht anders geht bzw. du als einzige Person in deinem Unternehmen OKR Master bist, musst du darauf achten, deine jeweilige Rolle immer explizit zu machen

Welche Facetten hat die OKR Master Rolle?

Ok, ein paar grundlegende Attribute haben wir geklärt. Wie sieht jetzt der Alltag von OKR Mastern so aus? Schauen wir uns mal verschiedene grundlegende Facetten an.

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Wie so oft im agilen Umfeld, vereint die Rolle einen groben Dreiklang an: Coaching, Beratung und Training. 

Als OKR Master brauchst du zunächst einmal Wissen über OKR: Wie sieht das Rahmenwerk aus, welche Prinzipien stecken dahinter usw. Du nimmst quasi einen Experten-Status ein. Doch bei OKR hört das Ganze natürlich nicht auf. Ähnliche Themenbereiche wie Motivation, Agilität im Allgemeinen oder Agile Leadership, über Systemtheorie bis hin zu Gehirn- und Verhaltensforschung geben wertvollen Input für deine Arbeit als OKR Master. Das ist ziemlich cool! Die Learnings, die du aus deiner persönlichen Weiterbildung ziehst, gibst du in relevanten Situationen z.B. über Trainings an die Menschen in deiner Organisation weiter.

Du als OKR-Experte bist natürlich die Person, die sich am besten mit dem OKR Rahmenwerk und dessen Wirkprinzipien auskennt. Deshalb bist du dafür verantwortlich, den OKR Prozess, bestehend aus den verschiedenen Events, einzuhalten und auszugestalten. Das bedeutet, du bist hier auch in der Vorbildfunktion, Disziplin an den Tag zu legen, wenn sich im Veränderungsprozess (aka die Einführung der Strategiearbeit mit OKR) eine Talfahrt abzeichnet. Als OKR Process Owner wirst du durch deine Arbeit mit den OKR Teams auch als erstes ein Gespür dafür entwickeln, wann es an der Zeit wäre, die Organisationsstruktur anzupassen. Das geschieht - wie so ziemlich alles - über Beobachtungen und hypothesengeleitet. Auch, wenn du diese Anpassungen in den meisten Fällen nicht alleine vornehmen kannst, ist es deine Aufgabe, sie zu adressieren.

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Womit wir auch wieder bei der Offenheit für Veränderungen wären. Wenn eine Organisation (oder zunächst Teile) anfangen, mit OKR zu arbeiten, bedeutet das erstmal eine Irritation des aktuell bestehenden Systems. Immer wieder darauf aufmerksam zu machen (auch sich selbst!), dass ihr es hier mit einem Veränderungsprozess zu tun habt und Empathie für die Beteiligten und Betroffenen zu zeigen, ist eine weitere Facette der OKR Master Rolle. Viele dieser Veränderungen werden nicht vom OKR Rahmenwerk gelöst, sondern nur von der Organisation selbst. Beispielsweise, wie ihr in Zukunft mit individuellen Performancesystemen umgehen wollt (Schafft sie ab!), wie es mit der Team-Kapazität aussieht oder wie sich die Rolle der Führungskraft verändert. Auch hier ist es wieder deine Aufgabe als OKR Master, diese Veränderungen zu adressieren, auch wenn du sie nicht alleine lösen kannst (und auch nicht sollst!).

Da kristallisiert sich ein Thema heraus: OKR Master legen den Finger in die Wunde. OKR bringen viele Themen, die schon länger in der Organisation schwelen, an die Oberfläche. Und ganz klar ist: Wenn du unangenehme Themen ansprichst, werden dich einige Personen nicht dafür lieben. Das hat nichts mit dir persönlich zu tun. Deshalb ist es wichtig, sich dessen bewusst zu sein und das aushalten zu können.

Das OKR Rahmenwerk besteht aus moderierten Gruppenworkshops, und wer moderiert die wohl? Ding ding ding! Du als OKR Master! Die Facette als Workshop Facilitator geht jedoch über reine Moderation hinaus. Übersetzt bedeutet "to facilitate" auch: Ermöglichen, unterstützen, fördern. Das bedeutet, dass du nicht nur die Workshops durchführst, vor- und nachbereitest, sondern in einer bestimmten Haltung diese Workshops moderierst. Hier kommt vor allem die Coaching-Haltung ins Spiel: Du bist verantwortlich für den Prozess, also die Struktur z.B. des OKR Plannings, das Team ist immer verantwortlich für das Ergebnis. Du kannst sie beispielsweise mit systemischen Fragen dabei unterstützen, wirksame Objectives und Key Results zu finden. Jedoch bist es niemals du, der bzw. die Ziele für das Team formuliert.

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OKR Master führen in erster Linie durch Fragen. Dadurch führst du Teams, Führungskräfte und auch dich selbst in der Arbeit mit OKR. 

Be the guide, not the hero.

Du stellst für deine Teams einen geschützten Raum für ihre Reflexion zur Verfügung. Dafür eignen sich in erster Linie die Events OKR Review und OKR Retrospektive. Aber auch während des OKR Zyklus bist du als Mentor:in und Coach für deine Teams bzw. einzelne Teammitglieder und Führungskräfte da. Einige werden das erste Mal mit dem Thema Agilität in Berührung kommen oder für sich und ihre Rolle Veränderungen durchmachen. Trete mit ihnen einen Schritt zurück und lass sie ihre Erfahrungen verarbeiten und reflektieren.

Wenn wir schon beim Thema Reflexion sind: Das gilt übrigens auch für dich als OKR Master. Auch du wirst viele Dinge das erste Mal tun und nach und nach in deine Rolle hineinwachsen. Deine Erfahrungen zu reflektieren und weitere Schritte für dich selbst abzuleiten ist quasi ein Muss - gotta practice what you preach 😉 Wenn du in der glücklichen Lage bist, mehrere OKR Master in deiner Organisation zu haben, solltet ihr euch  regelmäßig zur Intervision bzw. Supervision treffen. Wenn du alleine OKR Master in deiner Organisation bist, bietet sich z.B. ein externes Mentoring oder Coaching an. 

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Du siehst schon, eine Grundzutat für deine Arbeit als OKR Master ist: Kommunikation. Durch deine Arbeit mit den Teams und den Führungskräften gleichermaßen, bist du es, der/die Kommunikation ermöglicht. Du verbindest alle Ebenen miteinander, von links nach rechts, von oben nach unten. Selbstverständlich bist du nicht für jede Angelegenheit der Messenger, a la "Kannst du bitte unserer Chefin mitteilen, dass wir das nicht wollen?", sondern auch hier wieder als Facilitator. Die Frage hier ist: "Wie kann ich mein Team dabei unterstützen, dass sie in den konstruktiven Austausch mit ihrer Chefin/dem anderen Team/den Kund:innen treten können?".

Own it! Die OKR Master Rolle ausgestalten

Die OKR Master Rolle ist extrem facettenreich und bietet enorm viele Chancen, sich selbst darin weiterzuentwickeln und sie auszugestalten. Das kann für viele gerade anfangs überwältigend sein: Wie soll ich nur all diese Ansprüche erfüllen?

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Die gute Nachricht ist: Du musst nicht allen Ansprüchen sofort zu 100% genügen. Jede Facette der OKR Master Rolle, die oben beschrieben sind, ist für sich allein ein ganzes Universum an Möglichkeiten. Ein Grundverständnis für sie alle zu haben und Erfahrungen zu sammeln, um daraus zu lernen, ist natürlich auf jeden Fall nötig. Mit der Erfahrung und dem Ausprobieren wirst du herausfinden, welche Facetten du besonders spannend findest. Welche Situationen dir leicht fallen, welche eher nicht. Welche Stärken du noch weiter stärken willst und bei welchen Themen du dir Unterstützung holen möchtest. Mach dir die Rolle zu eigen und drücke ihr deinen Stempel auf - mit Empathie für dich selbst.


In welcher Facette der OKR Master Rolle bist du besonders wirksam? Habe ich was vergessen? Schreib mir gerne eine Nachricht!

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Herausforderungen als OKR Master - Erfahrungen aus der Praxis #okrmasterlife https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-herausforderungen/ https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-herausforderungen/#comments Fri, 08 Oct 2021 13:12:00 +0000 https://www.sandrapretzer.com/blog/okr-master-herausforderungen/ Weiterlesen

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Wer die Rolle als OKR Master (bzw. OKR Coach, OKR Champion, OKR Practitioner etc.) annimmt, merkt recht schnell, dass es mit bloßem Wissen über OKR nicht getan ist. Durch meine eigene Erfahrung als OKR Master sowie in meiner beratenden Arbeit mit anderen Organisationen und Teams habe ich eine kleine Sammlung an Herausforderungen zusammengestellt und möchte dir in diesem Blog-Artikel ein paar Impulse mit auf den Weg geben.

Was macht ein:e OKR Master eigentlich?

Die OKR Master Rolle hat verschiedene Facetten. Im Großen und Ganzen geht es darum, OKR (Objectives & Key Results) in der gesamten Organisation lebendig zu gestalten und alle Beteiligten wirksam in ihrer Arbeit mit OKR zu unterstützen. Diese Unterstützung erstreckt sich vom reinen OKR-Wissen über Begleitung der Teams bis hin zu Veränderungen in der Organisationsstruktur. In diesem Artikel findest du mehr zu den Aufgaben und den Facetten der OKR Master Rolle.

Stolpersteine in der Arbeit als OKR Master

Auch wenn der jeweilige Kontext immer individuell ist, gibt es eine Reihe an Herausforderungen, mit denen sich OKR Master immer wieder konfrontiert sehen. Vielleicht erkennst du dich in der ein oder andren Situation wieder:

Du hast noch nie einen Workshop moderiert

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Gerade am Anfang einer OKR Einführung in Organisationen bzw. im ersten OKR-Zyklus als OKR Master wird vieles zum ersten Mal gemacht: OKR Plannings, Alignment, Reviews, Retrospektiven, Weeklies.... Das kann schon sehr aufregend sein. Viele frisch gebackene OKR Master (bzw. OKR Coaches/Champions etc.) stehen vor der Herausforderung, die Events im OKR Rahmenwerk als Moderator:in durchzuführen, ohne jemals einen Workshop vorher moderiert zu haben. Vielleicht geht es dir gerade ähnlich. Du willst dein Team bestmöglich unterstützen und natürlich auch so rüberkommen, als ob du weißt, was du da tust 😉 

Die klare Botschaft zuerst: Die beste Art, sicherer in Moderation von Workshops zu werden, ist, Workshops zu moderieren. Immer und immer und immer und immer wieder.

Es gibt aber durchaus Dinge, die du tun kannst, um dir das Lernen zu erleichtern und die dir mehr Sicherheit geben können. Nachfolgend möchte ich dir ein paar Impulse dazu mitgeben.

Bereite dich krass gut vor! 

Schreibe dir vorher eine Art Regieplan mit fast schon minutengenauen Angaben. Und plane ausreichend Pufferzeiten ein. Also, z.B. für ein Planning:

  • 10:00 Uhr Start, Check-In
  • 10:10 Uhr Review Moal-Zielbild und ggfs. übergeordnete OKR-Sets
  • 10:25 Uhr Erklärung Methode für Objectives
  • 10:30 Uhr Start Sammlung Objectives
  • usw.

Verwende am Anfang einfache Methoden

Fancy Workshopmethoden sind überbewertet, vor allem, wenn du mit deinem Team die ersten Plannings, Reviews und Retrospektiven durchläufst. Am Anfang ist es nur wichtig, eine einfache Struktur vorzugeben, so dass dein Team am Ende mit wirksam formulierten OKR oder nächsten Schritten aus dem Workshop herausgeht. 

Kreativmethoden gibt es viele. Ich empfehle dir, dich mal auf Liberating Structures umzuschauen (1-2-4-all ist z.B. eine wunderbare Methode für ein OKR Planning). Für Retrospektiven eignet sich zudem auch der Retromat.

Machs im Tandem

Du hast bereits erfahrene OKR Master in deiner Organisation? Dann begleite sie oder ihn bei anstehenden Workshops als Co-Moderator:in.

Hol dir Feedback

Nach dem Workshop ist vor dem Workshop. Baue deshalb am Ende immer einen Zeitblock ein, in dem du dir Feedback von den Teilnehmenden abholst. Das geht z.B. auf einer Skala von 0 - 5 oder ein kurzes Blitzlicht (Das fand ich gut - Das hat mir gefehlt - Fürs nächste Mal wünsche ich mir). Reflektiere das Feedback anschließend z.B. in deiner OKR Master Community of Practice oder mit deiner/deinem Mentor:in, um das Gelernte im nächsten Workshop gleich anwenden zu können.

Deinem OKR Team fehlt der Drive

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Nach den ersten zwei bis drei Zyklen kann es sein, dass sich nach anfänglicher Euphorie ein gewisser "Schlendrian" einstellt. Das OKR Weekly wird öfter mal verschoben oder fällt ganz aus, die OKR Retrospektive erscheint nicht mehr wichtig und keine:r hat mehr Bock aufs OKR Planning. So eine Phase ist generell recht normal, wenn es darum geht, (Kommunikations-)Strukturen zu verändern. Als OKR Master ist es mitunter deine Aufgabe, gerade jetzt die Disziplin weiter aufrecht zu erhalten. Natürlich kannst du nicht zaubern und alle Leute im Unternehmen sofort wieder motivieren. Und gleichzeitig hast du ein paar sehr wirksame Hebel. 

In dieser Phase ist es sehr wichtig, Verhaltensweisen und Symptome zu beobachten, um anschließend darauf basierende Hypothesen zu formulieren und mit diesen zu arbeiten. Es kann sehr viele verschiedene Einflussfaktoren auf den fehlenden Drive deines Teams oder der Organisation als Gesamtes geben. Vielleicht helfen dir folgende Impulse:

Wie ist die Qualität der formulierten Objectives & Key Results? Stehen da vor allem kleinteilige Aufgaben oder To Dos, also Outputs? Oder haben sich schwer direkt beeinflussbare KPIs (Key Performance Indicators) wie z.B. Umsatz oder Gewinn eingeschlichen? Dann ist es hilfreich, das Team bei der Formulierung zu Outcome-orientierten Key Results zu unterstützen. 

Ist das Ambitionslevel so niedrig gesetzt, dass alle Key Results sicher erfüllt werden? Auch hier gilt es zu beobachten: Traut sich das Team nicht, sich höhere Ziele zu setzen? Woher kann diese Unsicherheit kommen? Werden von der Geschäftsleitung nur Teams gelobt, die ihre Ziele zu 100% erreichen? Oder sind gar Boni daran geknüpft? Diese Situation kannst du als OKR Master z.B. als Thema für die nächste Retrospektive anbieten und besprechbar machen.

Hat sich das OKR Rahmenwerk mit anderen Zielsystemen vermischt? Oder hat sich gar nichts verändert und nur Überschriften wurden ausgetauscht (Cargo Kult)? Eventuell findet sich nun auch das Tagesgeschäft in den OKR wieder und der Fokus ist dahin. Hier bietet es sich an, mit der Geschäftsführung nochmal das "Why" der OKR Einführung zu reflektieren. 

Das sind nur einige Beispiele, weshalb der Drive verloren gehen kann. Wichtig hierbei ist: Arbeite hypothesenbasiert und erarbeite mit deinen Teams und der Geschäftsleitung Experimente und Schritte, um die Situation zu verbessern. Reflexion dieser Schritte nicht vergessen 😉 Hole dir auch hier wieder die Hilfe z.B. von deiner OKR Master Community of Practice.

Du hast keine Zeit...und dein Team auch nicht

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Am Anfang einer Veränderung braucht es einen Vertrauensvorschuss von allen Seiten. So auch bei der Arbeit mit OKR. Vertrauen hat viele Ebenen, eine davon ist die Kapazität der Teams und auch von dir als OKR Master. Strukturen müssen erst so angepasst werden, dass sowohl die Teams also auch du genug Zeit zur Verfügung haben, um wirksam an OKR arbeiten zu können. Dass es diese Strukturen zu Beginn noch nicht vollumfänglich gibt, ist klar. So wirst du und deine OKR Teams anfangs noch mehr Zeit reinstecken, als ihr zur Verfügung habt. Das mag manchmal in der ein oder andren Überstunde münden. Diese Richtung des Vertrauensvorschusses beinhaltet, dass ihr dem Führungskreis vertraut, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen

Ändert sich die Situation jedoch nach mehreren Zyklen nicht und ist auch kein Bestreben erkennbar, ist es deine Aufgabe als OKR Master, genau das mit der Organisationsführung zu besprechen und entsprechende Schritte abzuleiten. Im besten Fall bist du gleich von Beginn an mit dem Führungskreis in Gesprächen und unterstützt sie dabei, kleine Veränderungen vorzunehmen und zu reflektieren. 

Deine Führungskräfte wissen alles besser

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Hier sind wir auf der anderen Seite des oben beschriebenen Vertrauensvorschusses. Bei OKR geht es unter anderem darum, einen Rahmen für selbstorganisierte Teams, dezentralisierte Entscheidungen und innovative Ideen zu schaffen. Somit ändert sich auch die Rolle der Führungskraft in vielen Aspekten. Eine Beobachtung, die ich oft gemacht habe, ist, dass sich Führungskräfte alles Mögliche über OKR anlesen (was generell gut ist), um sich dann die Kirschen aus den jeweiligen Ansätzen herauszupicken, die besonders gut auf ihren bisherigen Stil passen (was wiederum nicht so gut ist). Anschließend bemühen sie sich, OKR so weit zu verbiegen, bis alles wieder ist wie vorher, nur unter einem anderen Namen - wieder in die Cargo Kult Falle getappt. So kann keine wirksame Veränderung stattfinden. Das geschieht natürlich nicht deshalb, weil diese Führungskräfte Idioten sind. Es ist ihre Lösung auf eine vorherrschende Situation.

Hier gilt ebenfalls: Reden hilft. Verweise wiederholt auf das ursprüngliche "Why" der OKR-Einführung. Oftmals ist es hilfreich, eine externe Unterstützung für den Führungskreis ins Boot zu holen. So dass auch diese Personengruppe in der Organisation das Angebot einer Begleitung erhält, in der sie ihr eigenes Führungsverständnis reflektieren und sich in Richtung Agile Leadership entwickeln können. Als OKR Master bin ich in der Regel nicht die verantwortliche Person, Führungskräfte zu coachen. Aber ich bin in der Verantwortung, dies an entsprechender Stelle zu adressieren.

Fazit

Die Rolle des OKR Masters/Coaches ist viel mehr als nur Termine einzustellen. In der Arbeit am System wirst du auf allerlei Stolpersteine stoßen, das ist normal, denn Veränderungen sind anstrengend. Alleine das zu wissen, ist schon enorm hilfreich. 

Wenn du in der glücklichen Position bist, eine OKR Master Community of Practice (CoP) in deiner Organisation zu haben, nutze sie! Bildet Tandems für Workshops, führt regelmäßig Intervisionen durch, tauscht euch aus. 

Ansonsten kann es sich lohnen, z.B. ein externes Mentoring in Anspruch zu nehmen, damit du dich in deiner Rolle als OKR Master wirksam weiterentwickeln kannst.

Welche Erfahrungen hast du in deiner Arbeit als OKR Master/Coach/Champion gemacht? Schreib mir gerne eine Nachricht!

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Schwierige Entscheidungen treffen - 3 ungewöhnliche Methoden https://www.sandrapretzer.com/blog/entscheidungen-treffen/ https://www.sandrapretzer.com/blog/entscheidungen-treffen/#comments Thu, 18 Feb 2021 17:21:00 +0000 https://www.sandrapretzer.com/blog/entscheidungen-treffen/ Weiterlesen

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Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen. Das fängt schon morgens mit dem Weckerklingeln an: Sofort aufstehen oder doch noch einmal (fünfmal) auf die Snooze-Taste zu drücken. Und so geht es fröhlich den Tag über weiter, von der Wahl der Hose, über Essensentscheidungen bis hin zur Netflix-Serie (das kann dauern).

Wenn wir ehrlich sind, sind die meisten Entscheidungen, die wir in unserem Alltag machen, nicht groß weltverändernd. Manche Entscheidungen sind hingegen schon weitreichender und wenige sind tatsächlich von immenser Bedeutung und erfordern mitunter viel Mut. Da kommen wir mit einer Pro-Kontra-Liste nicht sehr weit. Was uns bei komplexen Entscheidungen helfen kann, erfährst du in diesem Artikel.

Ein bisschen Wissenschaft - Wo in unserem Körper werden Entscheidungen getroffen?

"Das habe ich aus dem Bauch heraus entschieden."

"Mit dieser Entscheidung habe ich Bauchschmerzen!"

"Das war eine rein rationale Entscheidung."

Bei diesen Sätzen gewinnt man schnell den Eindruck: Es gibt Bauchentscheidungen und Kopfentscheidungen. Ist das wirklich so? Wahr ist, dass es neben dem Zentralen Nervensystem (ZNS) ein weiteres autonom funktionierendes Nervensystem in unserem Bauch gibt: Das Enterische Nervensystem (ENS). Es hat anatomisch eine sehr ähnliche Struktur und funktioniert auch in etwa wie das Gehirn. Beide Systeme kommunizieren miteinander, jedoch werden anatomisch gesehen im ENS keine Entscheidungen getroffen, da unser Bauchhirn nicht "denkt" wie unser eigentliches Gehirn.

Vielmehr ist es so: Es gibt Entscheidungen, die wir mehrheitlich kognitiv-bewusst ("Kopf") und solche, die wir mehrheitlich automatisch-intuitiv ("Bauch") treffen.

Automatisch-intuitive Entscheidungen sind im Limbischen System ("Dino-Hirn") verortet werden maßgeblich von Heuristiken beeinflusst. Das sind quasi Abkürzungen, die unser Gehirn zur Entscheidungsfindung einsetzt. Gespeist von Erfahrungen, die wir in unserem Leben und als Menschheit insgesamt gemacht haben, bekommen wir im Bruchteil einer Sekunde eine Antwort auf eine Situation geliefert, die wir mangels Informationen und/oder Zeit nicht vollständig durchdringen können. Meistens eine Gefahrensituation, in der wir flüchten, kämpfen oder uns totstellen müssen. Da unser Körper darauf getrimmt ist, Energie zu sparen, ist das durchaus praktisch. Deshalb können wir auch bis 20.000 Entscheidungen pro Tag fällen. Sie laufen größtenteils automatisch ab, wir reflektieren diese nicht und sparen somit Energie.

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Bei kognitiv-bewussten Entscheidungen spielt immer die Großhirnrinde eine Rolle. Im Großhirn (dem jüngsten Teil des Gehirns) sind Verstand, Denken und zielorientiertes Handeln beheimatet.

Wenn wir bei einer Sache ein "schlechtes Bauchgefühl" haben, dann deshalb, weil Intuition stark mit Gefühlen und Emotionen zusammenhängt, die wiederum durch den Körper als Warnsignale nach außen kommuniziert werden.

Zu diesem Thema wurde (und wird weiterhin) viel geforscht, Personen in MRTs gesteckt und Erkenntnisse abgeleitet. Wenn du weitere Informationen dazu lesen willst, dann schau gerne mal hier.

Wie kann ich komplexe Entscheidungen treffen?

Manche Entscheidungen sind komplexer als andere. So macht es einen großen Unterschied, ob ich mich zwischen Schoko- und Vanilleeis entscheiden muss oder wohin mein beruflicher Weg gehen soll. Bei ersterem Szenario ist die Sache - sprichwörtlich - nach der Entscheidung gegessen. Bei letzterem wird das unvorhersehbare Konsequenzen nach sich ziehen, die ich hier und jetzt einfach nicht komplett abwägen kann. Kausale Zusammenhänge kann ich hier nicht mehr herstellen. Und gut gemeinte Ratschläge von Freund:innen helfen auch nicht wirklich. 

Es gibt nicht den einen richtigen und perfekten Weg. In komplexen Umgebungen ist der Lösungsraum quasi unendlich. Das erstmal anzunehmen, ist schon ein erster, großer Schritt.

In solchen Szenarien muss ich eine andere Ebene einnehmen und mir Werkzeuge suchen, die ich entsprechend anwenden kann. Eckpfeiler, Richtungsweiser, ein Fundament, auf dem meine Entscheidung fußt. Du siehst schon an der Wortwahl, dass eine einfache Pro-Kontra-Liste hier das Boot nicht in den Hafen holt. Obwohl sie ein guter Start sein kann, die Gedanken einmal zu sortieren und aufzuschreiben. Damit sie einmal zu Papier gebracht werden und nicht halbgar in unserem Hirn herumgeistern. 

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Wenn es um weitreichende Entscheidungen geht, die verschiedene Szenarien und Möglichkeiten beinhalten und mit Emotionen verknüpft sind, lohnt es sich, aus einer anderen Perspektive draufzuschauen. 

Die folgenden Methoden zur Entscheidungsfindung adressieren den emotionalen Aspekt und funktionieren am effektivsten durch die Begleitung einer externen Person. Extern bedeutet hier: Keine Familienmitglieder oder Freund:innen. Durch eure Beziehung wirst du sehr wahrscheinlich irgendwann an eine Stelle kommen, an der du etwas nicht sagen oder weiterdenken möchtest. Das limitiert dich und den Erfolg der Methode. Beispielsweise ein erfahrener Coach kann dich dabei effektiv unterstützen.

1. Methode: Warum und wozu das Ganze?

Das folgende Zitat ist in der Tat uralt und auch heute noch aktuell: 

"Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige." - Seneca

Also starten wir mit dem Ziel. Wo will ich denn hin? Worum geht es mir z.B. in meinem beruflichen Leben? Wie soll mein Leben in 5 / 10 / 20 Jahren aussehen? 

Es gibt verschiedene Arten, das eigene "Wozu" zu ergründen und zu definieren. Sei es durch 

  • ein Life-Purpose-Statement
  • eine Collage bzw. ein Visionboard
  • oder das wortwörtliche eigene "Warum"

Anhand von Fragen werden hier starke Zielbilder formuliert oder mit Visualisierungen tatsächlich sichtbar gemacht. Auch Werte kristallisieren sich hier heraus.

Dabei musst du selbst gar nicht unbedingt mega originell sein, im Sinne von "ich bin die einzige Person auf dieser Welt mit diesem Warum". Du kannst dich auch einer Vision anschließen, die es bereits gibt - Hauptsache, sie resoniert mit dir.

Mit diesem Ziel vor Augen wirst du Entscheidungen selbstbewusster treffen können. Nämlich danach, ob sie dich zu deiner Vision führen oder nicht.

Simon Sinek hat dieses Thema wie kein anderer in den letzten 10 Jahren geprägt. Ich selbst bin ein großer Fan und seine Thesen haben meine Arbeit sehr inspiriert. Mehr über Simon und seine Arbeit findest du hier.

2. Methode: Das Innere Team

Für diese Methode benötigst du auf jeden Fall eine externe Person, die dich durch das Innere Team moderieren kann. 

Wir haben oft verschiedene Anteile in uns, die alle etwas zur Entscheidung zu sagen haben. "Ich hadere mich mir" oder "ich kämpfe noch mit mir" höre ich die Leute dann sagen. Mit dem Inneren Team geben wir diesen inneren Anteilen einen Namen und lassen sie tatsächlich in einem Teammeeting miteinander sprechen. Wir hören uns an, was alle Anteile zu sagen haben und was sie voneinander brauchen. Wer ist laut, wer ist leise? Gibt es einen Überraschungsgast? Und wer hat insgeheim die Zügel in der Hand?

Durch diese Perspektivenwechsel werden dir Zusammenhänge und auch Werte bewusst, die dir bei der Entscheidungsfindung helfen können. Die Entscheidung musst trotzdem du treffen 😉

Fun fact: Bevor ich mich selbständig gemacht habe, hatte ich auch ein Meeting mit meinem Inneren Team.

3. Wertgeleitete Entscheidung

Werte sind meist unbewusst und dienen uns als individuelle Orientierung. Sie liegen unserem gesamten Handeln zugrunde und können sich im Laufe unseres Lebens ändern. Auch unsere Ziele, die wir uns gesteckt haben, werden wir nur dann als erfüllend erfinden, wenn sie im Einklang mit unseren Werten sind. 

Vielen Menschen fällt es schwer, die eigenen Werte spontan zu benennen. Und wenn, dann kommen meist sozial erwünschte Werte bei raus. Es gibt aber Situationen, in denen uns unsere Werte bewusst werden: 

  • wenn ein Wert stark verwirklicht wird
  • wenn ein Wert missachtet wird

Deshalb macht es nicht nur Sinn, sich der eigenen Werte wirklich bewusst zu werden, sondern auch Entscheidungen danach zu treffen.

Der erste Schritt bei dieser Methode ist daher: Die eigenen Werte definieren. 

Anschließend werden die jeweiligen Optionen danach geprüft, wie stark hier einzelne Werte verwirklicht oder verletzt werden können.

Fazit

Schwierige Entscheidungen sind meistens an unsere Emotionen und Gefühle gekoppelt. Deshalb ist es nur sinnvoll, diese Ebene zu adressieren und sich die Situation aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. 

Im komplexen Umfeld kann ich nicht in die Zukunft schauen und eine direkte Kausalität zu meiner Entscheidung heute herstellen. Da es nicht den einen richtigen Weg gibt, muss ich mich an etwas Anderem festhalten: Die eigenen Werte dienen hier als Orientierungshilfe und Wegweiser auf unserer individuellen Reise.


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Die Cargo Kult Falle - Warum Best Practices nicht funktionieren https://www.sandrapretzer.com/blog/cargo-kult/ https://www.sandrapretzer.com/blog/cargo-kult/#comments Wed, 10 Feb 2021 16:09:00 +0000 https://www.sandrapretzer.com/blog/cargo-kult/ Weiterlesen

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In dem Umfeld, in dem ich arbeite (Menschen und Teams bei Themen wie z.B. Agilität zu begleiten), ist er mir schon häufig begegnet: Der Cargo Kult. Ob es blind eingeführte agile Rahmenwerke und Methoden waren oder der inzwischen viel zitierte Kickertisch - irgendwie sind wir alle nicht gefeit davor, in diese Falle zu tappen. Best Practices sind einfach so verlockend!  Warum sie in vielen Bereichen nicht funktionieren und was es mit diesem Cargo Kult auf sich hat, erfährst du in diesem Beitrag.

Was ist denn bitte ein Cargo Kult?

Die einfache Definition lautet ungefähr so: Nachahmen von Verhalten, ohne den dahinter liegenden Sinn zu verstehen.

Und woher kommt der Name? Das Phänomen des Cargo Kults beginnt bereits Ende des 19. Jahrhunderts auf Inseln des Pazifischen Ozeans im Zuge des Kolonialismus (heute z.B. Neuguinea, Neukaledonien, Salomonen). Die dortigen Einheimischen glaubten daran, dass ihre Ahnen durch symbolische Handlungen wiederkehren und westliche Waren (Cargo) mit sich bringen. 

Besonders bekannt ist die Zeit amerikanischer Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. Landebahnen, Tower und Lagerräume wurden auf den Inseln errichtet. Damals wurden Versorgungspakete mit Kleidung, Nahrung etc. aus der Luft abgeworfen. Nach Ende der Besatzung ahmten die Einheimischen nach, was sie zuvor beobachtet hatten. Sie schnitzten sich z.B. Kopfhörer aus Holz und imitierten Landesignale. Doch die Waren, die vom Himmel fielen, blieben freilich aus. 

In bestimmten Teilen ist dieses Verhalten heute noch zu beobachten. Mehr zur Geschichte des Cargo Kults findest du hier.

Und was hat Cargo Kult mit Agilität zu tun?

Schauen wir uns nun dieses Phänomen im unternehmerischen Kontext an. Vor allem wenn es darum geht, als Unternehmen oder Team "agil werden" zu wollen, wird das o.g. Beispiel gerne herangezogen, um auf die möglichen Gefahren hinzuweisen, wenn Dinge unreflektiert getan werden.

Cargo Kult und agile Rahmenwerke

Agile Frameworks oder agile Methoden haben Hochkonjunktur. Leider passiert es viel zu oft, dass solche Methoden einfach nur mechanisch bzw. um ihrer selbst willen eingesetzt werden, ohne die Prinzipien und den Sinn dahinter zu berücksichtigen. Das Rahmenwerk wird oftmals abgewandelt und vereinfacht, so dass sie bequemer anwendbar sind und die nötigen Veränderungen in der Organisations- oder Teamstruktur und Kommunikation so gering wie möglich zu halten. Natürlich immer in der Hoffnung, dass sich dadurch Verbesserungen einstellen.

Und das kommt dann beispielsweise dabei raus:

  • Erfolgreiche Teams arbeiten mit Scrum? Dann wird Scrum eingeführt. Aber zweiwöchige Sprints (Zyklen im Scrum Framework) sind zu kurz, da kann man ja nichts schaffen. Und dann ständig Review und Retrospektive? Nee, nee, unsere Sprints sind 8 Wochen lang und die Retrospektive schenken wir uns. Einen Scrum Master brauchen wir nicht, das kann das Team alleine. Dies ist in der agilen Welt auch als "ScrumBut" bekannt.
  • Ziele werden nicht erreicht? Dann ist OKR (Objectives and Key Results) eine gute Wahl. Schließlich ist das die "Erfolgsmethode aus dem Silicon Valley von Google"! Wir behalten unser aktuelles, streng runterkaskadiertes Zielsystem einfach bei und nennen sie nun einfach Objectives und Key Results. Ein OKR-Zyklus dauert drei bis vier Monate? Und dann soll jedes Team im OKR Planning, Review und Retrospektive sitzen? Das ist zu viel Overhead. Die Führungskräfte geben einfach die Objectives vor und die Teams nehmen sich dann die Key Results, an denen sie arbeiten wollen (yeah, bottom up, check!). Die Retro können wir auch ausfallen lassen. Und wir müssen unbedingt mit Stretch Goals (aka Moon Shot Goals) wie bei Google arbeiten. Warum letzteres wohl nur für eine handvoll Unternehmen auf dieser Welt funktioniert, hat der Harvard Business Review hier beschrieben.

Aber halt, sagst du, agile Rahmenwerke und Methoden müssen doch auf den individuellen Kontext angepasst werden..? Ja, das stimmt. Aber nur, wenn ich die zugrundeliegenden Prinzipien und Wirkweisen verstanden habe und weiß, was ich mit der Anpassung bezwecke. Denn sonst wird der Erfolg der Methode genau dadurch verhindert und am Ende stellt das Ergebnis keinen Mehrwert dar. 

Alle agilen Arbeitsweisen fußen auf den Grundsätzen und Prinzipien des agilen Manifests (welches in diesem Jahr 2021 übrigens 20 Jahre alt wird). Diese finden sich in den Artefakten, Events und Rollen in den einzelnen Rahmenwerken und Methoden wieder. Und obwohl es seinen Ursprung in der Softwareentwicklung hat, ist es auf alle Bereiche, die komplexe Themen abdecken, anwendbar.

Startup Safaris und Best Practices

In der Zeit B.C. (before Covid) waren sie sehr beliebt. "Lernreisen" zu den erfolgreichen Startups ins Silicon Valley oder nach Tel Aviv. Tolle Unternehmenskultur, wirtschaftlich erfolgreich, cool, die besten Leute aus aller Welt. Dort konnte man sich vermeintlich live anschauen, was diese Unternehmen so erfolgreich macht. Aber auch virtuell ist das bestens über Videos und dergleichen möglich. Und diese Beobachtungen wurden dann 1 zu 1 im eigenen Unternehmen oder Team integriert. Auch hier wieder - du ahnst es - ohne konkret zu hinterfragen, was dahinter steckt und WOZU die Dinge so gemacht werden, wie sie gemacht werden. 

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Ein paar Beispiele gefällig? Du kennst bestimmt ein paar:

  • Der berühmte Kickertisch (alternativ: Tischtennisplatte)
  • Der ebenfalls berühmte Obstkorb
  • Kanban Boards und bunte Haftnotizen
  • Daily Standups
  • Umbenennen von Artefakten (z.B. Squad statt Abteilung)
  • Hoodies und T-Shirts
  • "Kreative" Räume (vorzugsweise mit Beanbags) zum co-worken im eigenen Unternehmen
  • Vision, Purpose, Werte an den Wänden
  • Und die Einführung von agilen Frameworks

All das und noch viel mehr können wir bei erfolgreichen Teams und Unternehmen beobachten. Für sie funktioniert das, was sie tun. 

Es wäre nun fatal, einen kausalen Zusammenhang herzustellen: Unternehmen X hat eine tolle kollegiale Kultur, weil sie Kickertische haben und Hoodies tragen. Oder Team A arbeitet sehr produktiv, weil sie Haftnotizen auf einem Board hin- und herschieben. Google ist so erfolgreich, weil sie mit super ambitionierten Stretch Goals arbeiten.

Das, was erfolgreiche Unternehmen ausmacht - seien es beobachtbare Artefakte oder die Organisationsstruktur - hat sich über einen Zeitraum entwickelt und wird nie aufhören, sich zu entwickeln. Weil das für Unternehmen A funktioniert, muss es nicht für Unternehmen B funktionieren. Es gibt im komplexen Umfeld keine Blaupause.

Wie verhindere ich, dass ich in die Cargo Kult Falle tappe?

Wenn du es bis hierher geschafft hast, bist du schonmal ein Stück sicherer 😉 

why

Am effektivsten ist tatsächlich Reflexion und sich ständig zu fragen: "Wozu?", bevor irgendetwas blind eingeführt wird. Das ist auch eine meiner Lieblingsfragen, wenn ich mit meinen Klient:innen arbeite.

Die Frage "Wozu?" ist dein bester Freund!

Wozu wollen wir Scrum einführen? Warum wollen wir mit OKR arbeiten? Was bezwecken wir damit? Wobei sollen uns Daily Standups helfen? Und was brauchen wir noch, damit es effektiv funktioniert? 

Als Inspiration kannst du dir auch gerne einmal das Shu Ha Ri Prinzip anschauen. In der japanischen Philosophie beheimatet, beschreibt es quasi die Stufen des Lernens. Und dass diese nacheinander erfolgen müssen. 

  • Shu bedeutet so viel wie "einhalten, gehorchen". Hier werden erstmal die Regeln genau befolgt. Nehmen wir Kochen als Beispiel. In dieser Phase koche ich streng nach Rezept. Immer und immer wieder, bis ich es verinnerlicht habe.
  • Ha ist eine Phase weiter und entspricht in etwa "abschweifen, (auf)brechen, weglassen". Nun können erste Veränderungen vorgenommen werden. Bestehende Standards und Regeln werden variiert und auf den eigenen Kontext angepasst. In unserem Koch-Beispiel kann ich nun vom Rezept abweichen, ein anderes Gewürz ausprobieren oder eine Zutat ersetzen.
  • Ri ist die höchste Stufe und bedeutet "trennen, verlassen". Hier lassen wir alte Muster und Regeln hinter uns und gehen genährt von neuen Impulsen und Ideen unseren eigenen Weg. Um dies tun zu können, sind das Beherrschen der Regeln sowie Erfahrung und Reflexion Voraussetzung. Zurück in unserem Beispiel erfinde ich das Gericht komplett neu, vermische vielleicht sogar zwei oder mehrere Gerichte und probiere völlig neue Zubereitungsmethoden aus.

Fazit

So verlockend es klingen mag, Blaupausen, Best Practices, Experten-Tipps etc. haben in unserer komplexen Welt ausgedient. Es gibt keinen easy fix. Nur durch schlichtes Nachahmen, ohne das gesamte System zu betrachten und den zugrundeliegenden Sinn zu verstehen, werden Aktionen einfach nur genau das bleiben: Erfolglose Handlungen. Im schlimmsten Fall hinterlassen solche Vorhaben verbrannte Erde und du brauchst deinen Teams nie wieder mit den jeweiligen Begriffen, wie z.B. Agilität oder Change zu kommen.

Nimm dir Zeit, um die Dinge zu hinterfragen. Um ein Experiment mit einem Team zu starten. Gehe auf das "Warum" und "Wozu" ein. Mach dir klar, welche Prinzipien und Wirkweisen z.B. einem agilen Rahmenwerk zugrunde liegen. Schau hin, wo noch andere Veränderungen im System nötig sind. Beteilige deine Leute aktiv. Mit Kopfhörern aus Holz wirst du deine Mitarbeiter:innen nicht hören.


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In deinem Unternehmen soll sich einiges ändern: Digitalisierung, Agilität, Motivation der Mitarbeiter:innen, Marktführung, Internationalisierung, Innovation, Home Office und noch vieles mehr.

Berater:innen und Coaches, die sich "agile Haltung und Mindset" auf die Fahne geschrieben haben, haben dir gesagt, dass das Zeit braucht. Dass es keine "one size fits all" Lösung gibt. Dass es kleine Schritte und Experimente zur Veränderung braucht. Dass ihr eure bestehenden Strukturen hinterfragen sollt. Dass die Mitarbeitenden beteiligt werden sollen und viel viel Kommunikation stattfinden muss.

Aber du hast keine Lust auf all das? Du hast einfach keine Zeit? Und du bist sicherlich nicht bereit, groß Geld dafür auszugeben? Ihr seid ja nicht das erste Unternehmen, das diese Herausforderungen hat, da muss es doch Best Practices geben?!

Wenn du dich in dieser Situation wiedererkennst, dann bist du hier genau richtig! Mit einer guten Portion Humor schauen wir auf das Thema Agilität und wie die Umsetzung leider allzu oft in der Realität aussieht:

1. Silos aufbrechen

pexels todd trapani 1385056

Die Teams reden nicht untereinander, es findet einfach kein Austausch statt. Dabei sollen doch so Synergien erzeugt und Doppelarbeit vermieden werden! Zudem steigert das doch die Motivation...?

Best Practices

  • Stelle einen Kicker ins Büro und hoffe das Beste.
  • Führe morgen eine Kollaborationssoftware (MS Teams, Slack o.ä.) ein und hoffe das Beste.

2. Agil werden Part I

pexels polina zimmerman 3782235

Wir müssen agil werden! Überall steht, dass man als Unternehmen agil sein muss also machen wir das auch!

Best Practices

  • Führe ab morgen ein, dass jedes Team mit einem Daily Standup den Tag beginnen muss. Und hoffe das Beste.
  • Implementiere ein cooles Projektmanagement Tool (Jira, Trello, Asana o.ä.), über das ab jetzt alles laufen muss. Und hoffe das Beste.
  • Hänge in jedem Büro Kanban Boards mit bunten Haftnotizen auf. Und hoffe das Beste.

3. Agil werden Part II

pexels jonathan petersson 399636

Agil bedeutet doch schnell?! Wir arbeiten viel zu langsam und müssen PS auf die Straße bringen!

Best Practices

  • Führe Scrum ein (aber lasst die Retrospektiven weg, die fressen nur Zeit) und hoffe das Beste.
  • Wenn man agil arbeitet, braucht man keine langfristigen Strategien mehr - verpflichte dich deshalb dem absoluten Opportunismus und ändere oft die Ausrichtung deines Unternehmens. Und hoffe das Beste.

4. Innovationen fördern

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Irgendwie hat unsere Konkurrenz immer bessere Produkte und kommt mit vielen neuen Ideen, während wir noch an der Effizienz der Prozesse für unsere aktuellen Produkte und Services schrauben. Wir müssen die Ideen der Mitarbeiter:innen in ihren Köpfen anzapfen!

Best Practices

  • Führe eine Ideenmanagement Software ein. Und hoffe das Beste.
  • Sag deinen Mitarbeiter:innen, dass sie ab morgen 20% ihrer Arbeitszeit innovativ und kreativ sein sollen. Und hoffe das Beste.

5. Eine Kultur des Vertrauens schaffen

pexels dio hasbi saniskoro 3280130

Vertrauen und psychologische Sicherheit sind in einem Team und Unternehmen absolut essentiell. Bei der letzten internen Umfrage haben wir als Unternehmen ziemlich schlecht abgeschnitten. Wir müssen Vertrauen stärker in unserer Kultur verankern!

Best Practice

  • Sage deinen Mitarbeiter:innen, dass ab morgen Vertrauen einer eurer Kernwerte im Unternehmen ist und bitte entsprechend gelebt werden soll. Und hoffe das Beste.
  • Schreibe "Vertrauen" als Wert auch an eure Bürowände und auf eure Website. Und hoffe das Beste.

Bonus: Selbstorganisation fördern

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Jahrelang haben wir unsere Leute an der kurzen Leine gehalten und streng kontrolliert, dass sie auch ihre Arbeit ordentlich machen. Warum auch immer sind sie jetzt einfach nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und Eigeninitiative zu zeigen. Das müssen wir ändern!

Best Practices

  • Sage deinen Teams, dass sie ab morgen selbstorganisiert arbeiten. Sie müssen nur jede Woche einen Statusreport inkl. genauer Auflistung der Arbeitszeit per Email an ihre Führungskraft schicken. Und hoffe das Beste.
  • Schicke deinen Teams einen Onlinekurs zum Thema Zeitmanagement. Und hoffe das Beste.

 



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